Von Kiew nach Hannover, über Berlin bis nach Hamburg: „Women of Hamburg“-Moderatorin Margarita entdeckt zwischen Großstadtsehnsucht und Alster-Ruhe, dass Ankommen manchmal leiser beginnt, als man denkt.

Margarita Popova, 25, „Women of Hamburg“-Moderatorin
Wenn ich am Jungfernstieg stehe und die Lichter sich in der Binnenalster spiegeln, denke ich an Berlin. Der Ballindamm ist für mich Hamburgs „Unter den Linden“. Nur, dass Hamburg aufgeräumter wirkt, fast zu sehr. Trotzdem stehe ich hier und nicht in der Hauptstadt. Manchmal frage ich mich, warum ich überhaupt weggegangen bin, obwohl sich die Stadt wie zu Hause angefühlt hat. Vielleicht mag ich Berlin so, weil es mich an Kiew erinnert, wo ich meine Kindheit verbracht habe – an die Boulevards, die Cafés, die nie schließen und diesen unverwechselbaren U-Bahn-Geruch.
Als wir nach Deutschland kamen, lebten wir erstmal in einer ganz kleinen Stadt. Ich verstand die Welt nicht: Wo waren die großen Straßen, das Stimmengewirr und die Spielplätze, die sich anfühlten wie eine eigene Welt? Nicht da. Alles passierte im Privaten, zurückgezogen im eigenen Haus. Später zogen wir nach Hannover – zwar eine Landeshauptstadt, aber das reichte mir nicht. Ich wollte mehr Möglichkeiten. Und dann kam Berlin. Keine Stadt, sondern ein Lebensgefühl. Offenheit, Vielfalt und Ankommen – zumindest für mich. Doch die Arbeit hat mich nach Hamburg geführt.
Anfangs fiel mir das Einleben schwer. Die Hansestadt ist für mich zu ordentlich, zu eintönig, zu schick. Nicht, dass ich schick nicht mag, versteht mich nicht falsch. Aber in Berlin ist jeder Bezirk anders und überall gibt es was zu entdecken. Hamburg wirkt für mich wie aus Puppenhäusern zusammengesetzt: Alles ist nett, korrekt, irgendwie ein bisschen zu brav. Für mich ist Hamburg wie der perfekte Schwiegersohn, in den man sich wegen seines Charakters verliebt. Berlin hingegen ist der Fuckboy, von dem man nicht loskommt, auch wenn er sich manchmal dreckig verhält.
Hamburg und ich sind noch in der Talking Stage
Ich glaube, ich suche in Städten dasselbe wie im Beruf: Bewegung. Mich fasziniert es vor der Kamera zu stehen. Bilder und Stimmen werden sichtbar. Es ist die lebhafteste Form des Journalismus und das zieht mich an. Gleichzeitig liebe ich das Gespräch und wenn jemand mir seine Geschichte erzählt. Beim Moderieren oder in Interviews spüre ich dasselbe: Menschen begegnen mir, Storys entstehen, etwas entwickelt sich im Moment.
Vielleicht ist Hamburg der Ort, an dem ich mich beruflich verwirklichen kann. Ganz sicher bin ich noch nicht, aber wir tasten uns aneinander heran. Manchmal fehlt mir die Abwechslung, die Widersprüche und mein unaufgeräumtes Berlin. Aber dann entdecke ich Ecken, die mich lächeln lassen: die Alsterperle, die Boutique Kaufrausch in Eppendorf, der Hammer Park bei mir ums Eck. Stück für Stück beginne ich, mich einzuleben.
Wenn ich heute am Jungfernstieg stehe, spüre ich Ruhe und die Hoffnung, dass ich hier ankommen kann. Ich sehe die Lichter auf der Binnenalster tanzen, die Segelboote im Wind gleiten und denke mir: Vielleicht wartet hier noch etwas Großes auf mich. Vielleicht ist der perfekte Schwiegersohn gar nicht so schlecht.
